Wohnungsunternehmen: Steuerfreie Nachfolgeplanung oder Sandwich-Falle?

Hendrick Grosse M.Sc. & Dr. Benjamin Rothmund

Partner bei PURE Tax & Law

Stellen Sie sich vor, Sie haben jahrelang hart gearbeitet und nun stolze 150 Wohnungen im Privatvermögen angesammelt. So geht es einem unserer Mandanten, der uns kürzlich mit einem spannenden Anliegen besuchte: Er wollte seine Immobilien steuerfrei an seinen Sohn schenken. Er hatte gehört, dass ein „Wohnungsunternehmen“ genau dies ermöglicht. Klingt verlockend, oder? Doch wie funktioniert das genau und klappt das auch mit „nur“ 150 Wohnungen?

Schlechte Nachrichten zuerst: Immobilien sind nicht immer gut

Normalerweise behandelt der Fiskus vermietete Wohnungen eher stiefmütterlich. Für Erbschaft- und Schenkungssteuer gelten Immobilien nämlich grundsätzlich als Privatvermögen – und sind damit nicht begünstigt. Ein kleines Trostpflaster gibt es zwar: Eine Steuerbefreiung von 10 % für Mietwohnungen. Aber seien wir ehrlich, bei 150 Wohnungen reicht diese kleine Erleichterung kaum aus.

Der Ausweg: Das Wohnungsunternehmen

Es gibt allerdings eine spezielle Gestaltung, genannt „Wohnungsunternehmen“, die Wohnungen vom ungeliebten Privatvermögen ins Betriebsvermögen hebt. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür:

  • Die Wohnungen müssen in einem Betriebsvermögen gehalten werden (z.B. GmbH oder GmbH & Co. KG).
  • Der Hauptzweck des Betriebs muss die Vermietung von Wohnungen sein (mehr als 50 % des Betriebsvermögens).

Erfüllt man diese Voraussetzungen, winkt eine attraktive Steuerbefreiung.

Zwei Wege zur Steuerfreiheit: Qualität oder Quantität?

Hier beginnt das eigentliche Dilemma: Es gibt zwei unterschiedliche Ansätze, wie man die Voraussetzungen für ein Wohnungsunternehmen erfüllt.

Der quantitative Ansatz:
Die Finanzverwaltung sagt vereinfacht: Wer mindestens 300 Wohnungen besitzt (jede mindestens 20 Quadratmeter, Küche, Bad etc.), betreibt automatisch ein Wohnungsunternehmen. Eine simple Rechnung, die viele zunächst glücklich macht.

Der qualitative Ansatz:
Der Bundesfinanzhof (BfH) sieht das ganz anders: Nicht die bloße Anzahl zählt, sondern die Qualität. Nur wenn der Vermieter über die reine Vermietung hinaus noch Zusatzleistungen bietet (z.B. Concierge-Service, Reinigung, Frühstück oder sogar Sicherheitsdienste), entsteht ein echter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb – ähnlich einem Hotelbetrieb. Erst dann greift die Steuerbefreiung wirklich sicher.

Unser Mandant steckt fest – mitten im Sandwich

Unser Mandant sitzt nun in einer Sandwich-Position fest:

  • Mit 150 Wohnungen fehlen ihm noch 150 weitere für den quantitativen Ansatz.
  • Zusatzleistungen nachträglich einzuführen ist kaum machbar. Die Mieter müssten zustimmen und wären wohl nicht begeistert von höheren Kosten für Services, die sie bislang nicht kannten.
Zwei mögliche Auswege aus der Zwickmühle.

Zwei mögliche Auswege aus der Zwickmühle

Option 1: Mehr Wohnungen kaufen
Unser Mandant könnte sein Portfolio kurzfristig auf über 300 Wohnungen erweitern. So käme er aktuell noch durch die quantitative Prüfung der Finanzverwaltung problemlos durch. Das Risiko: Wenn der BfH demnächst endgültig auf Qualität setzt, könnte diese Option bald passé sein.

Option 2: Alles auf den Kopf stellen
Eine radikale, aber mögliche Lösung: Das gesamte Portfolio steuerfrei verkaufen (da über 10 Jahre gehalten und somit Spekulationsfrist abgelaufen) und anschließend mit dem Geld sogenannte „Serviced Apartments“ kaufen, die von vornherein Zusatzleistungen anbieten. So würde er zwar Grunderwerbsteuer zahlen müssen, könnte jedoch den qualitativen Anforderungen des BfH gerecht werden.
Wichtig ist dabei zu betonen, dass auch hier zunächst mit Schwierigkeiten zu rechnen ist. Die Finanzverwaltung wendet den qualitativen Ansatz derzeit nämlich nicht an, da ein Nichtanwendungserlass greift. Unser Mandant würde daher zuerst einen belastenden Schenkungssteuerbescheid erhalten. Dagegen müsste er Einspruch einlegen und eine Aussetzung der Vollziehung sowie ein Ruhen des Verfahrens beantragen. Erst über einen gerichtlichen Weg, möglicherweise bis hin zum BFH, könnte die Steuerbefreiung erstritten werden. Derzeit gibt es dazu bereits laufende Verfahren vor dem FG Münster und dem BFH.

Fazit: Wer schnell handelt, gewinnt

Die Situation unseres Mandanten zeigt eindrucksvoll, dass eine rechtzeitige Planung und aktives Handeln entscheidend sind. Ob man auf Masse oder Klasse setzt – klar ist: Abwarten ist keine gute Idee. Denn spätestens wenn der BfH in zwei bis drei Jahren seine qualitative Sichtweise bestätigt, könnte der Quantitätsweg endgültig versperrt sein. Unser Rat daher an alle: Frühzeitig gestalten, Optionen abwägen und rechtzeitig entscheiden. Denn wer zu spät kommt, könnte vor komplexen rechtlichen Herausforderungen stehen, deren Ausgang ungewiss ist.

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